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Jobwechsel von der Großbank zum Fintech

Anja Zöchbauer war sieben Jahre lang eine von 100.000. Die hochkomplexe Organisation tauschte sie gegen ein Startup ein und wurde eine von 30. Ein Erfahrungsbericht.

4. Oktober 2021

(Erschienen auf cio.de am 11.06.21) Geldpolitik, Finanzen, die Börse haben mich schon in der Schule fasziniert. Der Einstieg bei einer Großbank im Anschluss ans Studium lag da nahe. Aber auch für Technik konnte ich mich schon immer begeistern. So war mein Wechsel zum agilen und stark von Technologie geprägten Fintech der nächste logische Schritt. Dort kann ich meine Affinität zur Finanz- und Bankenwelt und meinen unbedingten Willen, diese zu digitalisieren, miteinander verbinden.

Wenn die CC-Zeile zum Feind der Digitalisierung wird

Einer der Gründe für den Wechsel war auch die Neugierde, auf eine andere Art zu arbeiten. Großbanken sind hochkomplexe Organisationen, sodass Wege und Entscheidungsprozesse dort oft lang sind. In der Kommunikation mit Vorgesetzten und Kolleginnen und Kollegen ist hier außerdem, ähnlich wie in der Politik, viel Fingerspitzengefühl gefragt. Das Bedürfnis, in alle Planungs- und Entscheidungsprozesse bis ins Kleinste involviert zu sein, ist stark ausgeprägt. Arbeitstage sind daher bestimmt von vielen Meetings und E-Mails, in denen immer alle Beteiligten in Kopie genommen werden müssen – und das sind in einem so großen Konzern meist einige.

Gerade wenn es um die Digitalisierung von Banken geht, sind diese Gegebenheiten eher hinderlich. Auch wenn Banken das Thema durchaus sehr ernst nehmen und viel Zeit und Geld investieren, schreitet ihre Digitalisierung nicht so zügig voran, wie es eigentlich gewünscht und notwendig wäre. Dafür gibt es eine Vielzahl von Gründen, die wiederum mit den zuvor beschriebenen Strukturen und der Arbeitsweise eng verknüpft sind.

Von 100.000 zu 30 Kolleginnen

Als Mitarbeiterin in einem Großkonzern mit rund 100.000 Kolleginnen und Kollegen kann man häufig Herzensprojekte nicht so schnell oder nicht in der gewünschten Form vorantreiben. Der eigene Beitrag zur gesamten Unternehmensleistung und -entwicklung ist oft unklar, wenn nicht gar unsichtbar. Ganz anders sieht es da in der Startup-Welt aus.

Der Fintech-Bereich hatte mich ohnehin schon länger gereizt und war mir durch meine MBA-Abschlussarbeit und mein persönliches Netzwerk bereits sehr vertraut. Daher wusste ich: Dort wird die Digitalisierung der Finanzwelt durch kluge Köpfe, neueste Technologien und eine große Portion unternehmerisches Risiko maßgeblich vorangetrieben – dort kann ich nachhaltig etwas bewegen. In meinem neuen Team mit anfangs etwa 30 Kolleginnen und Kollegen haben alle den nötigen Raum, um neue Ideen zu entwickeln, und alle übernehmen Verantwortung für die Ergebnisse. Es herrscht eine von Authentizität geprägte Atmosphäre, in der alle sein können, wie sie sind. Gleichzeitig ist eine hohe Leistungsbereitschaft gefragt, denn die Arbeit des Teams entscheidet über Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens – und dies hat existenzielle Ausmaße.

Symbiose zwischen Fintechs und Banken

Es ist sehr motivierend, genau zu wissen, wo wir als Unternehmen stehen und wo wir strategisch hin wollen. So ist der Sinn meiner Arbeit auch jederzeit klar. Und im Gegensatz zum Konzern, gilt hier die Devise „Nicht lange reden, einfach machen!“

Durch diese Transparenz, gepaart mit der Gestaltungsfreiheit und den kurzen Entscheidungswegen, kann ich jeden Tag eine Sache besser machen und uns ein kleines Stück weiter voranbringen. Unterdessen bleibt das Ziel nach wie vor dasselbe: Die digitale Transformation der Finanzindustrie. Durch eine Symbiose zwischen Fintechs und Banken kann genau das gelingen.

Unterschiedliche Karrierewege in der Finanzwelt

Wer in der Finanz- und Tech-Welt Fuß fassen und Karriere machen möchte, dem stehen also zwei sehr unterschiedliche Arbeitswelten offen. In Startups gibt es immer wieder einmal Zieländerungen oder es tun sich Opportunitäten auf, die man zuvor noch nicht auf dem Schirm hatte. Wer flexibel ist, lernfähig bleibt und Lust hat, immer wieder neuen Herausforderungen gegenüberzustehen und frische Ideen umzusetzen, die sich erst auf dem Weg ergeben, findet hier das richtige Arbeitsumfeld.

Wer es eher sicherer, vorhersehbarer mag, mit zumeist gegebenen Strukturen, ist in größeren Unternehmen besser aufgehoben. Man sollte es aber nicht als Entweder-Oder-Entscheidung betrachten. Beide Welten zu kennen, ist in jedem Fall lohnenswert, da sich die Wege, zum Beispiel in gemeinsamen Projekten, immer wieder kreuzen können.

Im Hinblick auf die Diversität, Chancengleichheit und Familienfreundlichkeit sind Großbanken meiner Erfahrung nach gut aufgestellt. Weibliche Vorbilder hatte ich dort sowohl im Banking als auch im Tech-Bereich, mir wurde stets das Gefühl vermittelt, dass ich voll und ganz akzeptiert bin und die gleichen Karrierechancen habe wie meine männlichen Kollegen. Vom stereotypen Bild des rein männlich besetzten Bankenumfelds sollten Frauen sich also keineswegs abschrecken lassen.

Mit Leidenschaft und Neugierde klappt es

Auch im Fintech-Bereich tummeln sich immer mehr Frauen. In unserem Entwicklungsteam liegt der Frauenanteil sogar bei etwa 50 Prozent. Das ist zwar nicht repräsentativ für die Branche, zeigt aber, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wer eine ordentliche Portion Neugier und Offenheit mitbringt, wird in der Konzern- wie in der Fintech-Welt seinen Platz finden, egal, ob Mann oder Frau. Kurz gesagt: Wenn die Passion für die Themen da ist, go for it.

 

Den Originalartikel und weitere interessante Informationen finden Sie unter:
https://www.cio.de/a/jobwechsel-von-der-grossbank-zum-fintech,3661312

Autor:in

Anja Zöchbauer wechselte im Jahr 2019 nach sieben Jahren bei einer deutschen Großbank zu Fintus, um dort die digitale Transformation der Finanzindustrie voranzutreiben.

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